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                                        Freiburg, im Dezember 1998
SCHEUNE e.V.
 
SCHEUNE - BRIEF   20 
Bild: Kind aus Salasaca (Foto: Isabel Kaufhold)
 

 
Liebe Freunde von SCHEUNE e.V.:

Von August 1997 bis Juli 1998 war ich in Ecuador und machte dort verschiedene Praktika für mein Studium. Die ersten Monate verbrachte ich in den Anden und arbeitete in einem Ofenbau- und Umweltbildungsprojekt einer einheimschen NGO mit. Die zweite Hälfte war ich im “Oriente”, dem Tieflandregenwald Ecuadors, wo ich nahe bei Tena in einem Tropenwaldschutz- und Regionalentwicklungsprojekt mitarbeiten konnte. Meine hauptsächlichen Aufenthaltsorte lagen also außerhalb der “Scheunekreise”, doch immer wieder hatte ich die Möglichkeit, die über Scheune e.V. bestehenden Kontakte zu nutzen, Personen und ihre Arbeit kennenzulernen.

So lernte ich bereits im Oktober Irma und Julio und die von ihnen vor 7 Jahren ins Leben gerufene zweisprachige Schule “Transito Amaguaña” in Quito kennen (zweisprachig heißt hier spanisch und quichua), die ich in den folgenden Monaten immer wieder besuchte. Um so mehr mir die Gegebenheiten Ecuadors vertraut wurden, um so deutlicher wurde mir die Besonderheit dieser Schule. Mitten in Quito, auf dem Gelände des “Mercado Mayorista” (dem Großmarkt), liegt die selbstorganisierte Schule, an der hauptsächlich Indígena-Kinder unterrichtet werden, deren Familien auf der Suche nach Arbeit vom Hochland in die Stadt gezogen sind. Viele dieser Familien leben in Garagen, einem kleinen Zimmer in einem baufälligen Haus oder auch auf der Straße, da sie sich keine Mietwohnung leisten können. Oft fehlt es am Nötigsten, soziale Absicherung und medizinische Grundversorgung sind für sie unerreichbar. Die meisten Väter und die älteren Söhne arbeiten meist nachts als Lastenträger auf dem Markt. Mütter betreiben oft Garküchen oder verkaufen Gemüse oder die verschiedensten Kleinigkeiten. Natürlich tragen auch schon die kleineren Schulkinder zum Lebensunterhalt bei, indem sie sich als Straßenhändler, Schuhputzer etc. betätigen.

Auf kleinstem Raum unterrichtet die Lehrerin Irma mit der Unterstützung zweier Aushilfen ca. 80 Kinder aus sieben Altersstufen. Ziel ist, den Kindern nicht nur stumpf dem offiziellen Lehrplan folgend Wissen zu vermitteln, sondern auf die besondere Situation der Indígena-Kinder in der Stadt und ihre eigene Kultur einzugehen. Natürlich lernen die Kinder lesen, schreiben und rechnen (wobei ich mich immer wieder fragte, wie Irma das unter den gegebenen räumlichen und personellen Bedingungen schafft), und dies anhand von Materialien und Beispielen, die die Kinder im täglichen Leben nutzen können und die den kulturellen Spagat zwischen traditionellem Landleben und dem Leben in der Stadt berücksichtigen. In der Schule wird auch gelacht und gespielt, es herrscht ein liebevoller Umgang mit den Kindern, geschlagen wird nicht. Es geht ohne Schuluniform und ‘Morgenappell’. Diese Schule ist bewußt “anders“.

Es ist bewundernswert, mit wie viel Engagement und Durchhaltevermögen von Irma, Julio und den Eltern die Schule am Leben gehalten wird. Durch langes Bemühen und viele Einzelspenden hat die Schule inzwischen ihr eigenes kleines Gebäude, die Bauarbeiten für weitere Räume halten an. Es geht langsam, Schritt für Schritt vorwärts. Es ist ein langer Prozeß, der aber sichert, daß sich die Menschen mit diesem Projekt identifizieren und ihre Ideen beibehalten können. Das ist Irma und Julio sehr wichtig. Es wurde sogar eine angebotene Komplettfinanzierung für den Neubau abgelehnt, da diese an bestimmte Bedingungen geknüpft war, die für das Konzept der Schule nicht tragbar gewesen wären. So übt die Schule weiter wie bisher viel Geduld und hofft auch in Zukunft auf weitere finanzielle Unterstützung.

Einige Male war ich auch mit im Unterricht, es war ein durchaus schwieriges Unterfangen, völlig unerfahren den Kindern auf Spanisch das Dividieren beizubringen... Aber es machte Spaß, und zu tun gab es immer was. Julio und Irma baten mich deshalb auch, weiterzusagen, daß HelferInnen und PraktikantInnen (v.a. PädagogInnen) jederzeit herzlich willkommen sind.  

  Anfang des Jahres führte mich mein Weg nach Cuenca. Ich besuchte dort zum ersten Mal die UNASAY und traf Robertina, deren Arbeit ich bei einem späteren Besuch besser kennenlernen konnte. Zusammen mit zwei Freundinnen sah ich mir an einem Vormittag  auch die kleine Schule in Illapamba an, die von der Staufener Grundschule unterstützt wird. Die Kinder der verschiedenen Klassenstufen wurden von einem Lehrer in zwei dunklen, mit provisorischen Holzbänken ausgestatteten Räumen unterrichtet, nebenan enstand das neue, von den Staufenern finanzierte Schulgebäude. Wir erzählten aus Deutschland, z.B. davon, daß es bei uns die vier Jahreszeiten gibt. Das können sich die Menschen in Ecuador kaum vorstellen. Auf Nachfragen der Kinder berichteten wir von deutschen Schulen und den Kindern dort, die genauso über Hausaufgaben stöhnen wie sie, und über das Leben in deutschen Städten. Nach anfänglicher Schüchternheit fanden die Kinder auch sichtlich Spaß an Spielen wie “der Fuchs geht rum”, Verknotungen  und anderen.
Den Kindern mag der leider viel zu kurze Besuch dieser drei fremden Frauen, die genauso schnell verschwanden, wie sie auftauchten, bestimmt etwas seltsam vorgekommen sein. Nächstes Mal bleibe ich länger!

Dieser Satz durchzog meinen ganzen elfmonatigen Aufenthalt, meine Besuche und Ausflüge. Jetzt bin ich schon seit vier Monaten wieder in Deutschland und kann mich Corinas Bericht von letztem Jahr anschließen: Das Zurückkommen ist das Schwerste, denn dann stellt sich der eigentliche Kulturschock ein!
                                                                                                                                     

Andrea von Rauch

Weitere Nachrichten von SCHEUNE e.V.: 

Vor über 6 Jahren haben wir einen kleinen Stein ins Wasser geworfen, und dieser Stein zieht immer weitere Kreise. Mit viel Spannung, Freude und Dankbarkeit erleben wir, wie die Wellen unseres Steinchens sich mit denen anderer Menschen verbinden und immer mehr neue Kontakte, Verbindungen und Freundschaften entstehen.

Jörn aus Schwerte hatte Scheune e.V. im Internet ‘gefunden’. Seit Oktober lebt er nun für ein gutes halbes Jahr im Pfarrhaus von Ayora, hilft bei der UNOPAC (der lokalen Bauernorganisation), gibt an 2 Tagen Sportunterricht an einer Schule, unterstützt die Schwestern der Pfarrgemeinde bei ihrer Arbeit mit den verschiedenen Gruppen in und um Ayora und kennt so schon fast alle „Scheune-Gruppen“ aus der Gegend, und seit Oktober gibts nun  1x in der Woche für alle MitarbeiterInnen deutsches Essen im Pfarrhaus...
Isabel ist nach einem Jahr in Salasaca wieder nach Freiburg zurückgekehrt; Andrea kam im Sommer nach Hannover zurück; Noemi war im Sommer mit ihrer Familie in Bolivien; Ursula aus Berlin ist seit Oktober für 1 Jahr in Ecuador;  Herr Köpf aus Berghülen hat im November Rayen in Temuco / Chile besucht und uns die neueste Ausgabe der Zeitschrift MAPUÑUKE zukommen lassen; Hardy fliegt im Dezember nach Chile; Monika und Jürgen fliegen am 16.01. nach Ecuador....
Sabine, Astrid und Tom haben letztes Jahr in Ecuador Manuel Millingalli aus Tigua kennengelernt. Nun haben sie zusammen Ausstellungen mit Bildern aus Tigua organisiert: ab Mitte Januar in Münster, danach in Ratingen und Groningen...
Thorsten aus Münster hatte vor 2 Jahren in Ecuador durch Corina von SCHEUNE e.V. erfahren. Da Thorsten selbst enge Kontakte nach Ecuador hat und sich als Medizinstudent sehr für traditionelle Medizin interessiert, hat er nun Kontakt mit uns aufgenommen. Seit dem 30.11. ist Thorsten für 1 Jahr in Ecuador. Wenn er zurückkommt, möchte er mit Jorge (der im Sommer auf einer Reise mit seinem ältesten Sohn die Schule „Tránsito Amaguaña“ in Quito besucht hat) einen ‘Scheune-Ableger’ in Münster gründen, bzw. verstärkt mit Scheune e.V. zusammenarbeiten.
Am 09./10. Januar wird Dr. Heinz Valentin Hampejs, der seit 17 Jahren in Ecuador lebt, in Freiburg den Initiations-Workshop „Lebendige Einweihung in den indoamerikanischen Schamanismus“ leiten. Wir bitten Euch, weitere Einzelheiten bei uns zu erfragen.
Wir bitten alle, die angefragt wurden, Veranstaltungen für Rayen Kvyeh zu organisieren, sich noch vor Weihnachten mit Reiner Kapteinat, Büggenreuterstr. 8, 79106 Freiburg, Tel. 0761 / 283534 oder 7040033 in Verbindung zu setzen und rückzumelden, ob und wann sie Veranstaltungen organisieren möchten. Der Erlös des Sommerfestes der Schule in Gottenheim war für die Patenschule in San Lorenzo bestimmt. Auf dem Weihnachtsbazar der Gottenheimer Schule wird  Scheune e.V. mit einem Stand vertreten sein. Auf Einladung der SMV des Trossinger Gymnasiums hielt Ursula dort einen Vortrag über Ecuador. Auch den Kindern der Grundschule Kappel konnte sie viel erzählen...
 Am 28.11. haben die Kinder der Klasse 3c zusammen mit Brunhild Dziuk und einigen tatkräftigen Eltern Tannengrün für ihre Patenschule in Illapamba verkauft. Die Aktion war wie jedes Jahr ein Riesenerfolg.

   

Euch allen wünschen wir ein Frohes Weihnachtsfest Feliz Navidad y un Próspero Año Nuevo  

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