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                                           Freiburg, im Dezember 1998
SCHEUNE e.V.
 
SCHEUNE - BRIEF   21     
Bild: Chimborazo (Foto: Sor Victoria Carrasco)
 
 
Liebe Freunde von SCHEUNE e.V.:

Was macht man am besten nach dem Abi? Man geht weit weg von zu Hause, wo es ganz anders ist als gewohnt.
Durch eine Reihe glücklicher Bekanntschaften knüpfte ich im Sommer 1997 Kontakte mit SALASACA, einem sehr eigenen Indianerdorf mitten im Herzen Ecuadors. Schnell verging die Vorbereitungszeit. Mit einem Mal stand ich in meinem so lange ersehnten Traum – schneebedeckte Vulkane um mich herum, viele kleine agavenumzäunte Felder, dazwischen kleine Hütten, Schafe und Esel an Sträuchern und Bäumen angebunden. Neugierige, offene Kinderblicke begleiteten mich von der ersten bis zur letzten Stunde in diesem wunderbaren Land.
Ein ganzes Jahr durfte ich in einer überwältigenden Nähe zur Natur leben, mit Menschen, die mir wie eigene Geschwister ans Herz gewachsen sind. Ich lebte in einer Indianerfamilie, 6 Kinder, die Eltern, ein kleiner Hund, sowie Hühner und 5 Schweine gehörten dazu.

Mein erster Weg führte am Morgen zum Kindergarten, der gleich um die Ecke im “Casa communal” (Gemeinschaftsaus) untergebracht war. Viele Eltern nützen diese Kindertagesstätte, weil die Kinder hier regelmäßig Essen bekommen und sie in Ruhe ihrer Arbeit auf dem Feld oder in der Stadt nachgehen können. Ein großer kalter Betonraum ist die Spielstätte der 5 Monate bis 5 Jahre alten Kinder. Spielzeug gibt es kaum, im unteren Geschoß befindet sich eine kleine Küche mit einem Eßraum. Die ca. 30 Kinder beschäftigen sich weitgehend selbst, tollen draußen herum und die älteren tragen die jüngeren wie Puppen umher. Manche aber sitzen ganz apathisch auf abgewetzten Schaumgummimatratzen und weinen nach ihrer Mama. Gelernte Kindergärtnerinnen gibt es hier nicht. Es sind 4 Mütter, die sich nur um die Allerkleinsten kümmern können und weitgehend mit Kochen beschäftigt sind.
Mit meinen wenigen Spanischkenntnissen konnte ich mich zwar anfangs mit den Müttern, aber nicht mit den Kleinen verständigen. Ihre Muttersprache ist Quichua. Aber zum Glück hat man ja Hände und Füße. Wir hatten viel Spaß bei Spielen wie: “Häschen in der Grube” oder “Der Fuchs geht um”. Meine Hauptaufgabe aber bestand darin, Haare zu entfitzen, Mündchen und Händchen vom Dreck zu befreien und ihnen das Zähne putzen zu zeigen.
Nach 2 Monaten mußte der Kindergarten vorübergehend geschlossen werden. Doch an Beschäftigung sollte es mir nicht fehlen, denn ich wurde gleich von mehreren Schulen als Englischlehrerin engagiert. Jeden Tag flitzte ich in eine andere Schule, wo mich 6 bis 12jährige strahlend erwarteten. Wir hatten viel Spaß, ich aber teilweise sehr anstrengende Stunden. In diesen wenigen Monaten haben die Kinder zwar noch nicht fließend Englisch sprechen lernen können, aber sie haben eine andere Sprache kennengelernt und eine Abwechslung von ihrem sonst eher tristen Stundenplan gehabt.
 
San Pedro Echaleche  -  Zu Besuch in der kleinen Bergschule
Genau zu Weihnachten erreichte mich der Hilferuf einer kleinen vergessenen Schule mitten zwischen den steilen Hängen vor dem Vulkanriesen Chimborazo. Schon seit vielen Jahren kämpft diese Schule um eine finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite her. Aber die Verantwortlichen scheinen für die Hilferufe vom Land taub zu sein.
Eines Januarmorgens setzte mich mit Margarita, eine der drei Lehrerinnen von Echaleche, in den Bus. Von der Straße aus mußten wir noch eine halbe Stunde dem immer steiler werdenden Weg folgen. Links und rechts neben uns schienen die Felder schier in den Himmel zu ragen. Dennoch waren sie alle lückenlos bepflanzt, gepflügt und gepflegt. Als wir halb erschöpft an der Schule oben ankamen, liefen uns die Kinder schon von weitem entgegen. Hier tragen die Jungen und Männer alle auffallend rote Ponchos, und die Mädchen und Frauen dunkelblaue Schultertücher und Röcke. Teilweise wickeln sie sich bis zu fünf Röcke übereinander - aus Schutz vor der sehr feuchten Kälte, die hier herrscht.
Die Schule besteht aus einem kleinem Gebäude, und dem “geliehenen” Kommunalhaus für die größeren Klassen. Allerdings fällt in dieses kaum Licht herein. Strom gibt es noch nicht. Überall zieht es durch offene Ritzen und Löcher kalt hinein. Die Kinder sitzen an Eisentischen und –stühlen. Trotz allem waren die Kinder fröhlich und munter.
Zum Aufwärmen gibt es ein kleines aus rohen Brettern zusammengenageltes Häuschen, welches die Eltern selbst gebaut hatten. Darin setzt man sich um ein einfaches Feuer und stillt den morgendlichen Hunger mit einer Schüssel trockenem aber warmen Reis.
Bei meinem zweiten Besuch konnte ich der kleinen Schule von Echaleche schon die erste Scheunespende überbringen. Damit realisierten sie sich ihren langen Traum, ein paar Holzstühle , zwei Lehrertische und zwei Schränke für die Schulhefte zu kaufen. “So sieht unsere Schule wenigstens aus wie eine richtige Schule,” war das Kommentar eines Schülers. Die Kinder waren sichtbar glücklich und stolz auf ihre Schule. Für mich gab es nichts Schöneres als die Freude und Dankbarkeit in ihren Augen zu sehen und zu spüren. Stellvertretend für alle Scheunefreunde und –förderer wurde ich zu einem traditionellen Meerschweinchenessen eingeladen und bekam sogar ein wunderschönes Konzert mit Harfe, Gitarre, Gesang und Trommel vorgespielt.

Vielen lieben Dank und viele liebe Grüße an alle Freunde in Deutschland von allen Eltern und Kindern aus Echaleche. Für mich war es eine wunderbar schöne und wertvolle Erfahrung. Tausend Dank an alle lieben Menschen, die mir diesen Aufenthalt möglich gemacht haben und mich dieses Jahr begleitet haben.

Isabel Kaufhold 
 

 



Wir trauern um Saúl
Im November 1998 wurde der Gewerkschaftsführer Saúl Cañar Pautain Quito aus politischen Gründen ermordet.Während meines Aufenthaltes in Ecuador habe ich Saúl als engagierten Vertreter für die Rechte der Kleinbauern und Arbeiter erlebt. Ich wurde die Patentante seiner 1990 geborenen Tocher Ursula, die jetzt Waise geworden ist, weil ihre Mutter Veronica vor 3 Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. Wenn Ihr mit mir für das Kind sorgen möchtet, spendet bitte mit dem Zusatz Saúls Tochter auf das Scheunekonto.                                   Ursula


  KASSENBERICHT  FÜR  DAS  JAHR  1999

Bitte habt Verständnis dafür, daß wir unseren Kassenbericht nicht im Internet veröffentlichen möchten. Interessierten Menschen senden wir ihn gerne zu (Rückporto nicht vergessen!)


                                               


Reisebericht von Jürgen

Am 16. Januar diesen Jahres sind wir wieder nach Ecuador geflogen. Ich bin seit Mitte März zurück, Monika blieb noch vier Wochen im Hochland. Für mich war es das dritte Mal in Ecuador, aber dieses Mal war Regenzeit, eine ganz neue Erfahrung. Es dauerte Wochen bis ich zum ersten Mal den Cotopaxi sah und solch ein Anblick des Chimborazos, wie er auf dem Titelbild ist, blieb mir verwehrt.

Anfangs wurden wir von aktuellen Problemen der Schule Tránsito Amaguaña“ (EBITA) überrascht. Mehrere Migrantenfamilien wollten die Schule, die sich auf einem von der Stadt zugewiesenem Grundstück auf dem Großmarkt befindet, als Herberge nutzen. Dies führte kurzzeitig so weit, daß die Schule belagert und die Lehrer bedroht wurden. Dies war für Irma und Julio, zwei äusserst engagierte Lehrer, eine sehr schwierige Situation. Wir mussten zu Anwälten, Monika mußte zu einem Gespräch mit dem Bürgermeister von Quito mitgehen, da konnte sie unterstreichen das die Gelder aus Deutschland für eine Schule und keine Herberge bestimmt waren. Zum Glück hat sich bis zum Ende meiner Reise die Situation wieder entspannt, die Eltern konnten wieder durch Mingas an der Schule weiterbauen. Die endgültige Fertigstellung des Schulgebäudes ist durch Gelder aus Spanien bald möglich.

An der Küste konnte ich mir einen Eindruck davon machen, was es heißt nach einem Regenguß knöchel- bis knietief im Matsch zu stehen und nur noch mit einem Allradfahrzeug vorwärts zu kommen oder zu warten bis die Straßen wieder halbwegs passierbar sind. Zusammen mit Sor Victoria und Eduardo Morán waren wir in San Agostin, auch „Kilometer 20“ genannt, weil es sich am Kilometerstein 20 der Straße von Bahiá de Caraquez nach Chone befindet. Dort organisieren Sor Victoria und Eduardo ein Hausbauprogramm für die Familien, die alles verloren haben, weil das Dorf durch El Niño von 1 bis 3 Meter Erde überschwemmt wurde. Finanziell können wir von Scheune da nicht weiterhelfen, es werden voraussichtlich über 120.000 US $ für mehr als 100 Häuser benötigt, aber wir helfen dabei einen Antrag bei Caritas Deutschland einzureichen. Für die in Aussicht gestellten 50.000 DM, und für die bereits in Ecuador angekommenen 17.000 US$ der Oberle Stiftung aus Staufen, möchten wir und die Familien vom KM 20 schon auf diesem Weg Danke sagen. Die ersten 50 Häuser stehen schon.

Die aktuelle wirtschaftliche Situation in Ecuador ist sehr ernst. Durch das El Niño-Jahr wurde die Wirtschaft sehr geschwächt, der Ölpreis ist gerade auf einem Tiefststand. Dem Staat fehlt Geld, dieses holt er sich durch Steuererhöhungen, Gas- und Benzinpreiserhöhungen von den Leuten. Diese Menschen gehen verständlicherweise auf die Straße, schon seit vielen Jahren heißt es „Ihr müßt jetzt den Gürtel enger schnallen, damit es wieder aufwärts geht“. Ein wesentlicher Faktor für die Geldknappheit des Staates ist die Auslandsverschuldung, 1998 gingen über 40 Prozent (!) des Staatshaushalts in unsere reichen Länder. Schon seit Jahren werden enorme Geldmengen in die erste Welt transferiert. Der Schuldenberg wird jedoch nicht abgetragen, es handelt sich um Zins und Zinseszins, der z.B. durch Gaspreiserhöhungen in den Dörfern Ecuadors eingetrieben wird. Der Internationale Währungsfond und die Weltbank diktieren die Wirtschaftspolitik in Ecuador und dies bedeutet Privatisierung, Strompreiserhöhung usw. -  halt den Gürtel enger schnallen....

Schön war es zu spüren, wie durch die langjährige Arbeit von Scheune Vertrauen aufgebaut wurde, wie sich Bekanntschaften vernetzten und fremde Leute, ob aus Deutschland oder aus Ecuador einander weiterhelfen und kennenlernen.

Jürgen Kayser
 
 

Weitere Nachrichten von SCHEUNE e.V.: 

Am 7. April hält Ursula einen Vortrag „Frauen in den Anden Ecuadors“ bei der Evangelischen Mission in Stuttgart und am 8. im selbstverwalteten Jugendzentrum in Künzelsau.

Die Schenkendorfschule hat für die Patenschule in San Miguel de Pomachaca gespendet, die Spende wurde uns bei der Weihnachtsfeier überreicht. Monika und Jürgen haben das Geld am 3. März persönlich an Juan-Alberto übergeben.

Auch in diesem Jahr nehmen wir wieder mit einem Stand am Tag der Erde, Samstag 24. April, teil. Am Sonntag 25.4 um 12 Uhr wird auf dem Schloßberg in Freiburg ein „Erd-Kreis“ mit Beiträgen aus verschiedenen Kulturen zur Bewahrung der Schöpfung stattfinden. Ihr seid alle herzlich eingeladen.

  Die Dichterin Rayen Kvyeh und der Künstler Eduardo Rapiman, zwei Mapuche-indianer aus Chile, sind zur Zeit in Deutschland. Sie werden am 8.4 in Bremen, 24-26.4 in Wolfsburg, 12.6 in Gießen, 16-20.6 in Stuttgart, 21-22.6 in Böblingen und vom 23-24.6 in Heidenheim, in Veranstaltungen über ihre Kultur erzählen. Nähere Informationen über Reiner Kapteinat 0761/283534 od. 7040033.

 

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